Ladesäulen-Check 2018: Teure Tarife und regionale Monopole bestimmen den Markt
Bis Ende des Jahres soll es laut aktueller Studien über 200.000 Elektroautos auf deutschen Straßen geben. Eine gute Lade-Infrastruktur ist daher unabdingbar. Laut Bundesnetzagentur gibt es aktuell rund 5.000 öffentliche Ladesäulen. Der Zugang und das Handling zu diesen Säulen ist für Besitzer von E-Autos allerdings noch immer kompliziert und teuer. Das ist das Ergebnis des zweiten Ladesäulen-Checks des Ökostromanbieters LichtBlick in Zusammenarbeit mit dem Recherche- und Marktforschungsinstitut statista. Verwirrende Tarifstrukturen, unterschiedliche Zugangsvorrausetzungen sowie eine Vielfalt von Abrechnungsmethoden verkomplizieren den Alltag der Kunden. In vielen Gegenden haben sie darüber hinaus nur einen Anbieter zur Verfügung.
Sieben der 11 untersuchten Ladesäulen-Betreiber liegen teilweise deutlich über dem durchschnittlichen Kilowattstundenpreis von Haushaltsstrom (29,4 Cent): Umgerechnet auf Kosten pro Kilowattstunde verlangt EnBW 54,5 Cent, die Stadtwerke München 46,7 Cent und Allego in Berlin 44,3 Cent. Der Tarif von Stromnetz Hamburg/Hamburg Energie (29,5 Cent) ist mit dem Haushaltsstrompreis vergleichbar, günstig ist das Laden bei Mainova mit 13,3 Cent. Kostenlos bleibt es weiterhin bei den Stadtwerken Leipzig sowie RheinEnergie.
Vorprogrammiertes Tarif-Chaos
In der Realität hat jeder Anbieter sein eigenes Tarifsystem. Deutschlands größter E-Ladesäulen-Betreiber Innogy verlangt an kombinierten AC/DC-Ladestationen pauschal 7,95 Euro pro Ladevorgang, an reinen AC-Ladesäulen 39 Cent pro Kilowattstunde. EnBW rechnet zeitbasiert ab, hier kostet eine Stunde Laden für einen BMW i3 6,00 Euro. Stromnetz Hamburg/Hamburg Energie rechnet ausschließlich pro Kilowattstunde ab. Hinzu kommen die unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen: An einem Ladepunkt muss sich der Nutzer per SMS anmelden, an einem anderen geht es nur per App, Ladekarte oder mit Vorabregistrierung auf der Internetseite.
Regionale Monopole bestimmen Angebot und Preis
LichtBlick hat in den vergangenen Monaten nicht nur die Tarifstruktur der einzelnen Anbieter untersucht, sondern auch lokale Märkte analysiert. Das Ergebnis: Es bilden sich regionale Monopole. So betreibt zum Beispiel EWE rund 90 Prozent der insgesamt rund 500 öffentlichen Ladesäulen im eigenen Netzgebiet des Weser-Elbe-Gebiets. „So kann der Betreiber durch die mangelnde Konkurrenz Preis, Tarif und Vorrausetzungen für eine Ladung frei von Wettbewerb deutlich oberhalb des Haushaltsstrompreises festlegen“, so Gero Lücking, Geschäftsführung Energiewirtschaft bei LichtBlick SE. In München, wo die Stadtwerke München Grundversorger und Stromnetzbetreiber sind, gibt es 188 öffentliche Ladepunkte, die fast ausschließlich (88 %) von den Stadtwerken selbst betrieben werden (Quelle: Liste der gemeldeten, öffentlichen Ladeeinrichtungen der Bundesnetzagentur / Stand: Mai 2018). „Es etablieren sich regional abgegrenzte Ladenetzmonopole. Die örtlichen Stromnetzbetreiber und Grundversorger nutzen ihre Vormachtstellung im Strommarkt, um über das Ladenetz ein weiteres Monopol zu etablieren und den Wettbewerb im Strommarkt zu unterlaufen.“
Roaming-Anbieter sorgen für kundenfreundliches Handling
Erstmals hat LichtBlick auch die Roaming-Anbieter mit ihren Tarifen hinzugezogen. Plugsurfing oder The New Motion bringen eine Erleichterung beim flächendeckenden Zugang (jeweils rund 10.000 Ladepunkte) für Besitzer von E-Autos – nur nicht beim Preis für Tankstrom. Denn bei den Abrechnungen sind die Unternehmen an die Kosten der jeweiligen Betreiber gebunden. Auch hier zeigt sich für die Verbraucher ein Verwirrspiel: Bezieht ein Kunde mit einem BMW i3 den Strom direkt über EWE, kostet die Kilowattstunde umgerechnet 39,9 Cent, über Plugsurfing sind es 53,5 Cent. Der Kunde zahlt also fast 14 Cent mehr. Günstiger wird es für Berliner: An den Ladesäulen von Allego lädt das E-Auto für 44,3 Cent/kWh, mit Plugsurfing sind es 40,0 Cent.
„Die Ladeinfrastruktur ist ein chaotischer Flickenteppich. Regionale Monopolisten diktieren Preise und schaffen ein babylonisches Wirrwarr an Karten, Apps und Bezahlsystemen. Der Dumme ist am Ende der Kunde. Wir wollen und brauchen in Deutschland eine zügige Verkehrswende. Aber so kann sie nicht gelingen“, sagt Gero Lücking. LichtBlick fordert daher weiterhin einen radikalen Schnitt: „Kunden sollten ihren Haushaltsstrom-Tarif an jeder Ladesäule tanken können. Dazu müssen die Ladesäulen den Netzen zugeschlagen werden“, so Gero Lücking. „Der Wettbewerb ist nur direkt an der Ladesäule möglich, der Fahrer wählt seinen Fahrstrom-Lieferanten so frei wie er heute auch seinen Haushaltsstrom-Lieferanten wählt. So kann jeder E-Autobesitzer den Stromtarif seines Wunschversorgers mit einer Ladekarte an jeder öffentlichen Ladesäule tanken.“
Berechnungsgrundlage waren jeweils die Kosten pro Kilowattstunde für eine Tankfüllung für 100 Kilometer mit einem BMW i3 (Verbrauch: 15 kWh/100km) an einem AC-3-Anschluss (11 kW) an öffentlichen Ladesäulen. Die Ladedauer beträgt 1:36 Stunden. Es wurden ausschließlich Tarife ohne Vertragsbindung berücksichtigt.
Für den Check haben wir eine eigene Definition festgesetzt: „Spontanes Laden“ im Sinne unseres Testkriteriums liegt dann vor, wenn alle Nutzer, die (bspw. über ihre Smartphones) Zugang zu mobilem Internet haben, ohne vorherige Registrierung an der Ladeinfrastruktur des getesteten Ladesäulenbetreibers direkt laden können. Das Herunterladen einer notwendigen App (Datenverbrauch und Zeitaufwand), eine anschließende Registrierung oder die zwingende Nutzung eines SMS-Services (oft blockiert durch eine Drittanbietersperre) sind daher für LichtBlick Ausschlusskriterien, die gerade kein spontanes Laden darstellen. Das gleiche gilt ebenfalls für das vorherige Beantragen einer Ladekarte oder eines sonstigen Ladechips.
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